Gisela Zies

Theaterstücke


Illustration zu dem Theaterstück Anna Pitheca von Gisela Ziest, Berlin 

ANNA PITHECA

Lesung: Modernes Theater Berlin (mit Eva Renzi),1990

Theaterprojekt:

mit Irene Neuner (Regie) Barbara Plensat (Dramaturgie) Ismeth Ergün (Kostüme) Dietrich Petzold (Musik) Matthias Matuschka (Maske),1993

Personen:

Jann (Wissenschaftlerin)
Emma (ihre Mutter, Krankenschwester)
Diana (ihre tote Tante, Wissenschaftlerin)
Hugo (ihr geschiedener Ehemann, Fotograf)
Matama (ihr afrikanischer Assistent)
Robert (ein Campbesucher)
Melissa (eine Äffin, die viel Pech hat)
Passion (eine Äffin mit kanibalischen Gelüsten)
Anna (eine Äffin, die Mensch werden möchte)

Inhalt:

Anna will Mensch werden. Sie und zwei andere Äffinnen beobachten die Menschen - die die Affen beobachten -, spielen Karten, pokern darum, wer im Menschencamp den Machtkampf gewinnen wird: die Chefin Jann oder Hugo, der aus der ehelichen Bindung floh, oder Robert, der charmante Luftikus, einst Dianas Liebhaber, der der Toten sein Mal in die Stirn schnitt: für Weiber, die ihn erniedrigten. Jann aber bleibt Beobachterin. Da greift ihre Gegenspielerin Diana ein. Die beiden streiten sich, die Äffinnen sehen belustigt zu. Als Passion sich damit brüstet, Melissas Baby getötet und gefressen zu haben, zerbricht Janns Utopie von den friedfertigen Schimpansen. Sie gerät außer sich. Als auch noch die Äffin Anna nach einem Liebesspiel zwischen Gewalt und Zärtlichkeit von einem Männchen getötet wird, begreift die Forscherin: in Wahrheit sehen Beobachter nichts!

Irene Neuner:
Mich reizen die brillianten Schnittpunkt von Bewegung, Sprache und Klang.

Barbara Plensat:
Das Ganze ist ein Spiel zwischen Komik und Tragödie.

Gabriele Neumann-Kloth:
Mit Mut zum Pathos und einer gehörigen Portion Selbstironie versucht Gisela Zies, weibliche Identität zu ergründen, den Abstand zwischen Biologie und Soziologie zu bemessen. Da ist der subjektive Blick der Forscherin, die mit Tieren und Toten in Kontakt tritt, und da ist die scheinbar objektive Alltagsebene. Ich finde das Stück mutig, weil es nach neuen Formen sucht, poetisch und witzig ist.
(Verlag Autorenagentur)

Siglinde Okupenko:
Hochachtung für die Sprache, ihre Präzison, ihre Poesie. Die Ungewöhnlichkeit der Situation ist wie selbstverständlich. Alles ist hart durchgearbeitet, dennoch zart und schwebend. Das Originelle am Stück ist nicht gesucht, sondern gefunden.

Rosemarie Fendel:
Gescheit, witzig, besonders!

Textprobe, 1. Szene

JANN: Irgendwo ist noch was mitten im Sprung! Zwischen den Schultern einer Äffin und einer Göttin Knie!
DIANA: Hörst du, Anna? Jann ist eine zwischen deinen Schultern und meinen Knien! Doch was habe ich vorhin über eure Männchen gehört?
ANNA: Nur, dass wir gern sehen, wenn sie ihre Beine spreizen, und es lustig zugeht zwischen ihren Schenkeln. Dass wir aber nicht gern sehen, wenn sie sich plustern, gröhlen und ihren Körper zu einer Schaukel machen, mit den Füßen gegen den Himmel trampeln. So rundherum bei diesem Punkt möchte ich aber auch noch sagen, dass es gut ist, einen Bruder zu haben! Du gewöhnst dich dann besser ans Plustern und Gröhlen. Und du hast einen Freund dein Leben lang. Hast du einen?

Textprobe, 4. Szene

JANN: Wenn das stimmt, was du sagst, Anna … die Anthropologen würden sonstwas dafür geben!
ANNA: Nichts tat sich auf, nur die Enge des Meeres vor mir!
JANN: Was tust du?
ANNA: Ich gehe zurück ins Meer, wie damals, als ein Mordsgeschrei mich jagte, als ich mich Haar um Haar löste vom Billigkleid und von Maske und Maul!
JANN: Glaubst du, Diana, dass sie Mensch werden wird?
DIANA: Klar! Das ist unsere Geschichte, Jann! Du hast sie gesucht! Du hast sie gefunden!
JANN: Ich brauchte diesen Umweg! Ich brauchte ihn, um meine eigene Richtung zu finden.
DIANA: Und jetzt?
JANN: Ist es genug!
DIANA: Was tust du?
JANN: Ich verlasse euch!
DIANA: (allein) Das Netz wird höher und höher gezogen, das Leben leert seinen Fang auf den Strand.

 

Illustration zu dem Theaterstück Sellerie Sellerie von Gisela Zies, Berlin 

SELLERIE SELLERIE oder
KOMM IN DEN TIERGARTEN WIEDER

Teil II der Affen-Trilogie

Lesung:

Biografische Literaturhandlung, 1989

Personen:

Lisa (Schriftstellerin), Miri (eine junge Frau)
Rolf Kallmann (Miris Ehemann)
Bene (Miris Bruder)
Diana und Jann (Primatenforscherinnen)
Arnold (Bibliotheksangestellter Kiko (Lisa als Äffin)
Passion (Schimpansin)
Pan (Gorilla)

Ort und Zeit:

Gegenwart, Berlin

Textprobe:

DIANA: He! Du! Erkennst du mich?
KIKO: Kuja kwako kumenifurahisha sana. Dein Kommen macht mich glücklich.
DIANA: Dein Gesicht sagt das Gegenteil!
KIKO: (hebt den Rock, pupst Richtung Diana) Schlechtes Gewissen?
DIANA: Heb das für den auf! (zeigt auf KALLMANN)
KIKO: Mach mich nicht an! Ich kann dich nicht riechen!
DIANA: Der Tod machte meinen Atem stinkig. Warum bist du gegen mich?
KIKO: Weil du nicht auf Jann hörst.
DIANA: Sie sagte: «Nicht so wild, Liebes! » Aber das sagte sie nicht zu mir! Das sagte sie zu dir!
KIKO: Bin weder Afrika, noch Nacht! Ich bin nur ich!
DIANA: Und hier! Und heute! Doch du hast was vor! Was?
KIKO: Ein Geschäft!
DIANA: Pfui!
KIKO: Du verwechselst die Wörter! Geschäft ist Geschäft und Scheißen ist Scheißen!


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